Irland….!

Ein Reiseziel mehr auf der Liste mit „Da-will-ich-unbedingt-nochmal-länger-hin…!“

Vordergründig ist über Irland schnell berichtet, eine herbe Schönheit, die sich nur demjenigen offenbart, der sensorisch geeignet ausgestattet ist:

Irland ist Rotwein, nicht Prosecco, Irland protzt nicht, sondern ist schlicht präsent mit seiner stoischen Weite, deren zeitweise Eintönigkeit die durch schnellen Wetterwechsel belebt wird.

Seine Bewohner scheinen ein Abbild dessen zu sein und so lernt man Irland schon nach kurzer Zeit zwar nicht kennen, aber lieben.

Doch der Reihe nach:

Genau vor einem Jahr haben wir anlässlich ihres Aupair-Aufenthaltes Alena über Ostern 2015 zehn Tage in Galway und Irland besucht.

Das erste Mal konnte man eine „vernünftige“ Reiseverbindung zwischen Wendisch Evern und Galway an der Westküste von Irland nicht im Reisebüro buchen, vielmehr musste für einen zeitlich praktikablen Reiseablauf alles online erfolgen: Das hat sehr gut geklappt und so sind wir nicht nur online zu unseren Sitzplätzen in der Boeing 737 von Ryanair gekommen, sondern auch zu der Online-Buchung des Parkplatzes am Bremer Flughafen, ebenso wie zu der Fernbusverbindung zwischen Dublin und Galway.

Etwas Misstrauen in die Online-Abläufe hatten wir dann doch, wir haben alle Buchungen mit den Barcodes nochmals auf Papier ausgedruckt, weil uns ein Versagen des Smartphones zum „richtigen“ Zeitpunkt und der dann darin enthaltenen Zugangsberechtigungen meiner bisherigen Lebenserfahrung folgend durchaus im Bereich des Möglichen lag.

So sind wir denn zu sehr später Stunde in Galway angekommen und wurden von Alena an der „Coach-Station“ abgeholt. Die Wiedersehensfreude hat eine Dame mit grünen Spitzenhöschen dazu verwendet, anstatt ihres Koffers, meinen mitzunehmen: Zugegebenermaßen sah er völlig identisch aus bis auf einen kleinen roten Knopf am Griff und bereits am nächsten Morgen hatte sich das Missverständnis dann aufgeklärt und da die Besitzerin nicht in meinen Unterhosen und ich nicht in ihren grünen Spitzenunterhöschen herumlaufen wollte, war nach einem kurzen Koffertausch wieder alles da, wo es hingehörte…!

Die ersten Tage in Galway galten der „Akklimatisierung“, wir wurden von Alenas „Gastmutter“ eingeladen, haben das Stadtzentrum von Galway erkundet und Glück, gehabt, beim Überqueren der Straße nicht überfahren zu werden (der Verkehr kommt von der falschen Seite!).

Im Zentrum meiner Überlegungen stand zunächst etwas vordergründig „mache ich es oder mache ich es nicht“, nämlich einen Mietwagen buchen, damit man unabhängig von organisierten Busreisen an  Sehenswürdigkeiten der Region einfach besser in der Lage ist, da zu verweilen, wo es schön ist und wo man etwas länger ohne den gesamten hektischen Inhalt eines Busses bleiben möchte.

Vielstündiges Starren auf die Verkehrsabläufe vor dem Appartement-Haus brachten mich zu dem Schluss, dass das Ganze lösbar sein müsste, konnte ich doch die ganze Zeit kein einziges Mal nervöses Drängeln oder Hupen beobachten, sondern nur schulterschlüssige Verkehrsabläufe mit Vorlassen, nicht auf „seinem guten Recht“ bestehen und nette Handzeichen. Gehupt wurde nur zum Grüßen und so sind wir dann ein paar Tage nach Ankunft zu unserem Mietwagen gekommen, mit dem wir dann im weiteren Verlauf ungefähr 800 km auf irländischen Straßen erfolgreich und schadensfrei verbracht haben. Auch zur Erinnerung für später : Automatikgetriebe macht Sinn, als „automatikgewöhnt“ mit links schalten wäre der Verkehrssicherheit eher abträglich…

Um es vorweg zu nehmen, als Erinnerung für eine Neuauflage einer Irlandreise: Alles ist zwar mit organisierten Busreisen erreichbar, aber auf die Möglichkeit, an beliebigen Stellen und Orten anzuhalten und nach Belieben zu verweilen, würde ich aus heutiger Sicht nicht verzichten und die Bedenken hinsichtlich des Linksverkehrs waren zumindest in der von uns bereisten Region von Irland unbegründet und irgendwie verinnerlicht man die „falsche Straßenseite“ sehr schnell, insbesondere, wenn bei zeitweiliger „Links-/Rechtsschwäche“ der Beifahrer an die Besonderheiten des irischen Straßenverkehrs erinnert…! Ich fahre mittlerweile eigentlich ungern, aber hier hat sich seit langem trotz der anderen Verkehrsführung und der teilweise sehr engen, zu gefühlt 80 % rechts und links von Steinmauern begrenzte Straßen seit vielen Jahren mal wieder ein gewisser Fahrspaß eingestellt, so dass ich das Fahren trotz der gebotenen Dauerkonzentration nicht als störend empfunden habe.

Der „Rest“ ist eigentlich schnell erzählt: Neben der weiteren „Erkundung“ von Galway haben wir, soweit innerhalb der kurzen Zeit möglich, die Grundzüge der irischen Lebens- und Essensart kennengelernt und mit dem Mietwagen die beeindruckende Landschaft einschließlich der Atlantikküste und Teile des „Wild Atlantic Way“ bereist und lieben gelernt.

Unsere Tagestouren führten uns an die Cliffs of Moher und in verschiedene andere Regionen im County Galway.

Einsame, durch ursprüngliche und „naturbelassene“ Landschaft führende Straßen, kleine Ortschaften, manchmal auch nur Häuseransammlungen oder Gehöfte kennzeichnen die Landschaft, mal reicht der Blick weit in die Landschaft oder auf den Atlantik hinaus, mal ist er versperrt durch Hügel und Berge. Unendliche Steinmauern, uralte Kirchen und Burgen und Schlösser, überwiegend verlassen und verfallen, in ihrer Grundstruktur aber immer noch gut erkennbar lassen eine mystisch-märchenhafte Aura entstehen.

Das irische Grün der Wiesen und irgendwie auch anderer Teile der Landschaft bedient das „Kerrygold-Klischee“ : trotz der frühen Jahreszeit und zeitweise „grauem“ Wetter strahlt es förmlich inflationär, wenn ein Fotograf oder ein Maler es so darstellen würde, ginge man von handwerklichem Versagen aus…

Das Wetter bedient durchgängig die Vorstellungen über das irische Klima: Trotz der frühen Jahreszeit ist es nicht wirklich kalt, Regen, Wind und Wolken wechseln sich ab mit sonnigen, gelegentlich sogar windstillen Passagen.

Wo an einem Tag der Weg durch eine Seenlandschaft führt, aus der kleine „moorig-felsig“ wirkende Inseln herausragen, führt der gleiche Weg am nächsten Tag durch eine wasserlose Landschaft: Der gewaltigen Tidenhub des Atlantiks flutet im 12-Stunden-Rhythmus die vielfältig verzweigten Buchten der Küstenregion, in „Furten“ schwillt der Tidestrom zum Wildwasser an. Dieser beständige Wetter- und Wasserwechsel lässt die gleiche Landschaft immer wieder anders aussehen. Eigentlich könnte man stundenlang der Landschaft „zusehen“!

Die Erkundung der Landschaft mit dem Mietwagen zahlt sich aus, gefühlt manchmal alle paar Kilometer hält man an, um eine neue Perspektive nicht nur vorbefliegen zu sehen, sondern sie nicht nur optisch, auch sensorisch wahrzunehmen: Der Geruch von Seetang, Torf und Wiese ist überall vordergründig und belebt Sinne und Phantasie…

Wie schon am ersten Tag beobachtet, ist der Ire an sich offensichtlich so „gechillt“, dass er selbst den im Rentnertempo mittig auf der Straße fahrenden Touristen nicht bedrängt und nicht maßregelt und zwar ausnahmslos: Kein einziges Mal gab es eine auch nur ansatzweise unwillige Geste wie Drängeln, Maßregeln oder ähnliches, vielmehr zeichnet warten, Abstand halten, freundlich nicken oder winken ausnahmslos das irische Miteinander im Straßenverkehr aus!

Zahlreiche Hinweisschilder mit der Bitte, doch links und nicht in der Mitte oder gar rechts zu fahren, weisen darauf hin, dass unser gelegentliches Umhereiern auf der Straße wohl ein Merkmal des touristischen Autofahrens ist, von daher ist es umso erfreulicher, dass der „Eingeborene“ nicht allergisch darauf reagiert, was durchaus verständlich wäre…!

Für einen nächsten Irlandaufenthalt merken wir uns, dass es überall in dichten Abständen in Einzelhäuser, Gehöften oder Ortschaften „Bed and Breakfast“ Angebote gibt, die offensichtlich ein spontanes Verweilen an einem Ort ermöglichen.

So reift schon während dieses Irlandaufenthaltes die Idee, beim nächsten Mal ganz Irland mit dem Mietwagen zu erkunden und eben diese Bed- und Breakfast-Angebote dann spontan zu nutzen, um dort zu verweilen, wo man länger bleiben möchte.

Die Distanzen selbst sind in Irland überschaubar, wir glauben, dass ein Urlaub von drei bis vier Wochen einen tiefen Einblick in Land und Leute ermöglichen wird und dann nicht nur der Westen Irlands unsere Herzen erobert, sondern auch die den Berichten zufolge wiederum ganz anderen Landschaften im Norden, Osten und Süden von Irland.

Unsere Ursprungsidee, Logis zu beziehen auf einer Chartermotoryacht in Galway haben wir trotz diesbezüglich bereits geknüpfter Kontakte schnell eine Abfuhr erteilen müssen:

Der Umgang mit dem irischen Wetter und den gewaltigen Gezeitenströmen ist eine Aufgabe für sich und darüber hinaus ist die „maritime Erschließung“ der irischen Küste im Vergleich z.B. zur Ostseeküste sehr dürftig und würde nur eingeschränkte Einblicke in Land und Leute ermöglichen.

Auch die Ursprungsidee, im Laufe einer z.b. dreimonatigen Reise auf eigenem Kiel nach Irland zu reisen, haben wir letztlich aus gleichem Grund eine Abfuhr erteilt: Kein Hafen liegt so, dass man unproblematisch Irland erkunden kann, die Binnenwasserstraßen erschließen gefühlt höchstens ein Drittel des Landes und so wäre ohnehin wieder der Mietwagen das Maß der Dinge für eine „ganzheitliche Wahrnehmung“ dieses tollen Landes.

Von daher sind diese Ideen zwischenzeitlich in Gänze beerdigt.

Die „Navigation“ auf irischen Straßen ist ein kleines Kuriosum: Die Straßen- und Ortsbezeichnungen im Routenplaner des Handys weichen von denen von der Straßenkarte ab und beide wiederum von der Realität der tatsächlich vorhandenen Straßenschilder. Gälische, englische und gefühlt sonstige Sprachfragmente sind bunt miteinander vermischt, die einzig durchgängige Beschilderung hat der so genannte „Wild Atlantic Way“, quasi eine Route 66 an der westlichen Atlantikküste Irlands. Angekommen sind wir immer, weil alle Straßen gefühlt irgendwie zum Ziel führen…!

Die Navigationssoftware auf dem Handy führt dann auch zu solchen Kuriositäten: Anlässlich des Besuches einer ehrfürchtigen stillen Kirchenruine plappert das Handy, nachdem es zuvor eine Stunde lang nichts gesagt hat, in einem Torbogen der Kirche plötzlich los „jetzt rechts abbiegen“…

Ein unbestrittenes Highlight anlässlich des Besuchs der Cliffs of Moher ist eine Schiffsreise mit einem Touristenboot, welche uns an der Wasserseite der Cliffs vorbeiführt.

Da das Boot vollgestopft ist mit Touristen, nehme ich Blickkontakt mit dem einsam in seiner Führerkabine vor sich hin steuernden Schiffsführer auf und erhalte optisch die Erlaubnis, die „Brücke“ zu entern. Ich oute mich „nautisch interessierter“ Sportbootfahrer, genieße einen guten Teil der Fahrt an den Cliffs getrennt von den übrigen Touristen mit viel Platz und guter Sicht die Reise und erfahre viel über die nautischen Eigenarten des Reviers und bekomme auf mein Bitten hin eine umfängliche praktische Einweisung in sein Radargerät, was mir im Hinblick auf das gerade eben erst auf der ELSE neu installierte Radar besonders gut gefällt.

Obwohl an diesem Tag die See ruhig ist, lässt ein gewaltiger Schwell vor der Küste das  Schiff immer wieder um mehrere Meter steigen und sinken und ich muss zugeben, dass ich vor diesem Revier gewaltigen Respekt hätte. Der Skipper berichtet von Opfern, die nicht nur die Cliffs in Form von Selbstmördern, sondern auch die Eigenarten dieses Reviers fordern.

Nach zehn Tagen endet unser Irlandurlaub und von Galway fahren wir mit dem komfortablen WLAN-bestückten Bus nach Dublin und ein paar Stunden später sind wir mit Ryan Air zurück in Bremen und können die eindrücklichen Erlebnisse noch ein paar Tage zu Hause sacken lassen getreu dem Motto :

Nach dem Irlandurlaub ist vor dem Irlandurlaub !

„Ungeordnete Impressionen“ aus dem „County Galway“…