Es gibt sie noch, die „echten“ Männer…

„Nein, Sophie!“ Laut hallt der Ruf durch den Supermarkt, begleitet von ohrenbetäubendem Geschrei.

Im nächsten Gang treffe ich die Quelle des Lärms. Eine abgekämpft aussehende junge Frau versucht Sophie – eine kleine Prinzessin mit blonden Locken und rosa Mäntelchen – vom Keksregal fortzuzerren, während der  scheinbar männliche Nachwuchs – hellblaue Jacke und Mütze – im Kinderwagen rotgesichtig brüllt.

Die Prinzessin schaufelt packungsweise Keksschachteln auf ihren Bruder, der langsam unter der süßen Flut zu ersticken droht. Entnervt räumt die Mutter alle Schachtel zurück in irgendwelche freien Regallücken. „Nein Sophie!“ Langsam wird die mütterliche Stimme schriller.

Endlich hat sie es geschafft und sie geht mit zwei heulenden Kindern weiter, den einen vor sich her schiebend, die andere an einem Arm hinter sich her ziehend.

Dieses Spiel wiederholt sich diverse Male, das Schreien und Quengeln hallt durch den ganzen Laden, mal weiter entfernt, mal dichter und langsam tut mir die arme alleinerziehende Mutter richtig leid, die an einem Samstagmittag verzweifelt versucht, Essen für die hungrige Brut zu beschaffen.

Kurz vor der Kasse – aus dem Kinderwagen hört man nur noch ein leises Gequengel – hat es Sophie geschafft. Stolz trägt sie eine Tüte Gummibärchen in den kleinen Händen. Leutselig lächelnd verkündet sie der Mutter, dass niemand etwas abbekommt.

Die Mutter wagt einen schwachen Versuch zu widersprechen, worauf Sophie die Gummitüte wutentbrannt auf ihren inzwischen verstummten Bruder wirft, der sofort wieder abfängt zu brüllen. „Dann nehm ich was anderes !“ verkündet Sophie und entschwindet zur Schokolade. „Nein Sophie!“ ruft die Mutter, während sie zur Beruhigung den Kinderwagen schaukelt – was aber nichts nützt.

Siegesgewiss erscheint Sophie mit einer Tafel Schokolade – und darf sie für sich alleine behalten.

Sie tut mir wirklich leid, die Alleinerziehende…

Kurze Zeit später auf dem Parkplatz…

Da treffe ich die Mutter von Sophie wieder. Die Kinder wollen wohl schnell nach Hause und benehmen sich einigermaßen gesittet, außer dass Sophie sich losreißt und zum geparkten Auto neben meinem rennt. „Nein Sophie, pass auf!“ Die Mutter wird nicht gehört und die Prinzessin reißt die Beifahrertür des Autos auf, setzt sich hinein und schlägt die Tür der heraneilenden Mutter vor der Nase zu.

Man fragt sich nun, warum Sophie ungehindert das Auto öffnen konnte, das alte Modell – trotz Hochglanzoptik – hat bestimmt keine Funkverriegelung.

Beim genaueren Hinschauen löst sich das Rätsel… Auf dem Fahrersitz sitzt mit coolem Cap und nervös mit den Fingern aufs Lenkrad trommelnd ein Mann… ein echter Mann.

Mutti macht die hintere Türe auf um den Nachwuchs im Maxi Cosi zu verstauen, da ertönt eine nörgelnde Stimme: „Beeil dich und mach die Tür zu, es wird kalt.“

Mutti macht schnell.

Auch die Einkäufe werden in Sekundenschnelle im Kofferraum verstaut, dann huscht sie auf den freien hinteren Platz. Bevor die Tür zuschlägt, hört man wieder die nörgelnde Stimme: „Was hat denn da so lange gedauert…?“

Mit einem rasanten Ausparkmanöver verschwindet die Musterfamilie der „Alleinerziehenden“…

Es gibt sie noch, die „echten“ Männer…

 

Neulich im Tiefschnee…

Leise rieselt der Schnee, dicke Flocken fallen geräuschlos zu Boden und einige bleiben sogar liegen. In der Abenddämmerung sieht das sehr schön aus und nach ein paar Stunden sind der Garten, die Straße und die Bäume mit einer feinen weißen Pulverschicht überzogen…

Der nächste Morgen…

Der weiße Bodenbelag weißt größere Tauflecken auf und von den Bäumen tropft es ziemlich nass herunter. Gut, der Winter ist nach ein paar Stunden wieder vorbei.

Auf einmal drängt sich ein merkwürdiges Geräusch in das Konzert aus Tropfen und Vogelgezwitscher. Sehr merkwürdig und erstmal nicht zuzuordnen. Es klingt ein wenig wie: Klock… chzzzzz… chzzzz… chzzzzz…. klock… Und es wiederholt sich monoton in schöner Regelmäßigkeit.

Da entdecke ich den Ursprung des Geräusches !

Der Nachbar rückt mit schwerem Geschütz den weißen Massen zu Leibe. Es sieht aus wie ein umgebauter Rasenmäher, entpuppt sich aber als eine vielfach bürstenbestückte elektrische Kehrmaschine … Akkurat seine Runden schiebend befreit er seine Einfahrt und die Straße vor seinem Grundstück von den 0,5 cm Tiefschnee. Das dauert ungefähr 10 Minuten. Ein Blick über den Zaun zeigt, dass dort keine Flocke eine Überlebenschance hatte… Die Flocken, die nach kurzer Zeit sowieso weggetaut wären.

Dass es noch wirksamere Gerätschaften gegen „Tiefschnee“ und drohendes Verkehrschaos gibt als die nachbarliche Kehrmaschine, zeigt sich nur kurze Zeit später:

Ein martialisches sonores Brummen wird schnell lauter und mit gefühlten 60 km/h rast der größte Fendt-Traktor westlich des Urals durch die 30 km/h- Zone, achtern bestückt mit einem überbreiten orangen Salzstreuer, der die mittlerweile nur noch nassglänzende Straße mit geschätzt 3 kg Salz pro Quadratmeter „würzt“…!

Drei hektische Rundumleuchten untermalen das Schneekatastrophenszenario und setzen es erst richtig in Szene…

Aufgrund der überhöhten Geschwindigkeit des Traktors ist der Spuk im Nu vorbei.

Irgendwie beruhigt es schon, dass im Dorf die Ordnungswächter so penibel und eifrig sind. So sind wir doch alle gut geschützt vor den unerwarteten Wetterkatastrophen…

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Man muss schon genau hinsehen….

PS : Der Fendt war so schnell vorbei, dass ich kein Foto mehr machen konnte…